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Steuernews 10/2016

SteuerBlick

Aktuelle Informationen aus dem Steuerrecht

November 2016

 

Inhaltsübersicht

1. Bonuszahlungen der Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten mindern nicht den Sonderausgabenabzug

2. Einigung bei der Erbschaftsteuer

3. Gesetzentwurf zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (elektronische Registrierkassen)

4. Bestätigung der Rechtsprechung: Abgetrennter Arbeitsbereich kein „häusliches Arbeitszimmer“

5. Auch Zinsen für einen durchlaufenden Kredit sind bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen

6. Europäischer Gerichtshof: Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung hinsichtlich des Vorsteuerabzugs

 

1. Bonuszahlungen der Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten mindern nicht den Sonderausgabenabzug

Im Urteilsfall hatten die Stpfl. Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben geltend gemacht. Ihre Krankenkasse bot zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens ein Bonusprogramm an. Hiernach gewährte die Krankenversicherung den Versicherten, die bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen, wie z.B. Gesundheits-Check-up, Krebsvorsorgeuntersuchung und zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung in Anspruch genommen hatten, einen Zuschuss von jährlich bis zu 150 € für Gesundheitsmaßnahmen, die von den Versicherten privat finanziert worden waren. Das Finanzamt sah in diesem Zuschuss eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und verrechnete ihn mit den in diesem Jahr gezahlten Beiträgen, so dass nur der verminderte Betrag als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden konnte.

Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht. Vielmehr hat dieser mit Urteil vom 1.6.2016 (Aktenzeichen X R 17/15) entschieden, dass wenn eine gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms dem Krankenversicherten die von ihm getragenen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet, diese Zahlungen nicht die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge mindern. Voraussetzung für die erlangte Bonusleistung war, dass die Stpfl. weitere Aufwendungen für Gesundheitsmaßnahmen tätigen mussten. Die Bonuszahlung habe ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse, nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen. Sie stehe nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes.

Hinweis:

Mit diesem Urteil, das sich lediglich auf die Bonusvariante in Form einer Kostenerstattung bezieht, widerspricht der Bundesfinanzhof ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung, die in allen Krankenkassenleistungen auf Grund eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung sieht. Im Einzelfall ist allerdings sorgfältig zu prüfen, wie das Bonusprogramm der einzelnen Krankenkasse zu würdigen ist.

Handlungsempfehlung:

Im Urteilsfall hatte die Krankenkasse die Bonuszahlung als erstatteten Beitrag angesehen und elektronisch im Wege des Kontrollmeldeverfahrens an die Finanzverwaltung übermittelt. Dies war aber nach Ansicht des Gerichts nicht bindend. Damit zeigt sich, dass die von der Krankenkasse bescheinigten bzw. elektronisch übermittelten Beitragszahlungen vom Stpfl. überprüft werden sollten.

 

2. Einigung bei der Erbschaftsteuer

Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat ist nun doch eine Einigung zur Erbschaftsteuerreform erzielt worden. Dem Kompromissvorschlag hat am 29.9.2016 der Bundestag zugestimmt. Die Zustimmung durch den Bundesrat soll am 14.10.2016 (nach Redaktionsschluss) erfolgen, gilt aber als sicher, so dass das Gesetz kurzfristig verkündet werden kann. Wie bereits bisher vorgesehen, treten die Neuregelungen mit Wirkung zum 1.7.2016 in Kraft. An dem vom Bundestag im Juni 2016 beschlossenen Gesetzentwurf wurden nur punktuelle Änderungen vorgenommen, wobei folgende Aspekte herauszustellen sind:

»»Vereinfachtes Ertragswertverfahren: Der Kapitalisierungsfaktor für das vereinfachte Ertragswertverfahren wird grundsätzlich auf 13,75 festgelegt. Zuletzt lag der Faktor bei 17,86 – die Absenkung soll rückwirkend für alle Erwerbe ab dem 1.1.2016 gelten. Das Gesetz enthält allerdings eine Öffnungsklausel für Anpassungen des Kapitalisierungsfaktors an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten. Dies erfolgt zukünftig aber nicht mehr zwingend jährlich. Der Bundestag wollte den Faktor in seinem bisherigen Gesetzentwurf auf einen Korridor von 10 bis maximal 12,5 absenken.

»»Vollständige Verschonung: Der optionale Verschonungsabschlag von 100 %, welcher an verschärfte Bedingungen geknüpft ist, bleibt bestehen. Voraussetzung ist aber u.a., dass das begünstigungsfähige Vermögen nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Bislang lag diese Grenze bei 10 %.

»»Verwaltungsvermögen:

Es erfolgt eine weitere Beschränkung des Verwaltungsvermögensbegriffs bei Finanzmitteln. Finanzmittel sollen weiterhin zu 15 % (bislang 20 %) zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden können, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern. Neu ist: Dies setzt voraus, dass das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck dazu dient, gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen. Auf diese Weise sollen „Cash-Gesellschaften“ verhindert werden.

»»Sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände, die typischerweise der privaten Lebensführung dienen, werden von der Begünstigung ausgeschlossen, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist. Im Bundestagsbeschluss waren dagegen nur bestimmte Freizeit- und Luxusgegenstände aufgelistet (Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine). Hiermit soll Missbräuchen vorgebeugt werden.

»»Stundung der Erbschaftsteuer: Die Möglichkeit für eine Steuerstundung ist nur noch für sieben Jahre möglich statt für zehn und wird nur im ersten Jahr zinsfrei sein. Danach erfolgt eine Verzinsung mit 6 % p.a.

Hinweis:

Ob diese neue Gesetzesfassung nun den verfassungsrechtlichen Vorgaben standhält, wird von Experten teilweise in Frage gestellt. Dennoch besteht zunächst Planungssicherheit. Allerdings sind die gesetzlichen Regelungen durch die erfolgten Anpassungen noch komplexer geworden als bislang. Ausführlich stellen wir die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Sonderbeilage zu diesem Mandanten-Rundschreiben dar.

Handlungsempfehlung:

Unternehmer sollten die Auswirkungen der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen unter Hinzuziehung steuerlichen Rats für den jeweiligen Einzelfall analysieren und eventuelle Gestaltungsmöglichkeiten prüfen.

 

3. Gesetzentwurf zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (elektronische Registrierkassen)

 

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen nun am 5.9.2016 dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Ziel ist die Bekämpfung von Manipulationen bei digitalen Kassenaufzeichnungen, was in der Praxis offensichtlich in großem Umfang vorkommt. Die gesetzliche Neuregelung sieht im Kern drei Maßnahmen vor:

»»Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung in einem elektronischen Aufzeichnungssystem: Nach wie vor soll eine verpflichtende Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (z.B. Registrierkassenpflicht) nicht gefordert werden. Werden aber elektronische Aufzeichnungssysteme eingesetzt, so sind diese durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass digitale Grundaufzeichnungen nicht nachträglich verändert werden können.

»»Einführung einer Kassen-Nachschau: Ergänzend zu den bereits vorhandenen Instrumenten der Steuerkontrolle soll als neues Instrument eine Kassen-Nachschau eingeführt werden. Die Kassen- Nachschau ist ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte u.a. im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme.

»»Sanktionierung von Verstößen: Zur Sanktionierung von Verstößen soll der Steuergefährdungstatbestand ergänzt werden. Darüber hinaus können Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu 25 000 € geahndet werden.

Hinweis:

In dem Regierungsentwurf ist nun eine großzügige Übergangsregelung vorgesehen. Und zwar ist vorgesehen, dass die neuen technischen Anforderungen erstmals ab dem 1.1.2020 anzuwenden sind. Wurden Registrierkassen nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft, die den bisherigen Anforderungen entsprechen und die bauartbedingt nicht aufrüstbar sind, so dass sie die neuen technischen Anforderungen nicht erfüllen, dürfen diese Registrierkassen bis zum 31.12.2022 weiter verwendet werden. Abzuwarten bleibt allerdings, ob dies tatsächlich so gesetzlich umgesetzt wird.

Die technischen Anforderungen werden in einer separaten Verordnung konkretisiert. Diese Verordnung regelt, welche Daten protokolliert werden müssen, in welcher Form die Speicherung erfolgt, wie die Datenschnittstelle zur Übergabe der Daten an die Finanzverwaltung im Rahmen der Kassen-Nachschau bzw. Außenprüfung und wie die Sicherungseinrichtung ausgestaltet sein muss. Hinsichtlich der technischen Sicherungseinrichtungen sollen später Vorgaben durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie gemacht werden.

Hinweis:

Bei Neuanschaffungen sollten nur solche Systeme genutzt werden, bei denen der Anbieter eine Nachrüstung mit einer entsprechenden technischen Sicherheitseinrichtung garantiert, damit der langfristige Einsatz des Kassensystems gesichert ist.

Unabhängig von diesem Gesetzgebungsverfahren kann sich in Kürze Handlungsbedarf ergeben. Und zwar stellt die Finanzverwaltung bereits seit 2010 folgende Anforderungen an elektronische Registrierkassen:

»»die Daten in Registrierkassen müssen jederzeit lesbar und maschinell auswertbar zur Verfügung gestellt werden;

»»alle Geschäftsvorfälle müssen einzeln aufgezeichnet werden und

»»die elektronischen Kassenaufzeichnungen müssen zehn Jahre aufbewahrt werden. Da damals aber viele in der Praxis eingesetzte Registrierkassen diese Anforderungen nicht erfüllten, gewährte die Finanzverwaltung eine Übergangsfrist. Soweit ein Gerät bauartbedingt den Anforderungen nicht oder nur teilweise genügt, wird es nicht beanstandet, wenn die Registrierkasse bis zum 31.12.2016 weiter eingesetzt wird. Mit Auslaufen dieser Übergangsfrist am 31.12.2016 besteht nun ggf. Handlungsbedarf und es müssen Kassen ausgetauscht werden.

Hinweis:

Werden Kassen eingesetzt, so sollte aktuell eine sorgfältige Bestandsaufnahme durchgeführt werden, damit festgestellt wird, welches Kassensystem zum Einsatz kommt und ob Handlungsbedarf besteht. Bei eventuell notwendigen Neuanschaffungen sind die zukünftigen erweiterten Anforderungen zu berücksichtigen.

 

4. Bestätigung der Rechtsprechung: Abgetrennter Arbeitsbereich kein „häusliches Arbeitszimmer“

 

Der Bundesfinanzhof bestätigt seine restriktive Haltung hinsichtlich der Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers. In dem Urteil vom 22.3.2016 (Aktenzeichen VIII R 10/12) wurde bestätigt, dass ein büromäßig eingerichteter Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist, nicht als häusliches Arbeitszimmer anerkannt werden kann und damit die anteiligen Mietaufwendungen nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Der Bundesfinanzhof erkennt vielmehr nur einen (nahezu) ausschließlich betrieblich bzw. beruflich genutzten Raum als häusliches Arbeitszimmer an. Fehlt eine klare Abtrennung zum privaten Wohnbereich, so kann diese Anforderung nach Ansicht des Gerichts nicht gewährleistet sein.

Hinweis:

Entschieden wurden bereits in früheren Urteilen, dass Aufwendungen für in die private Sphäre eingebundene Räume, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers zuzurechnen sind, sondern ihrer Art (z.B. Durchgangszimmer) oder ihrer Einrichtung nach (z.B. bei einer Arbeitsecke in einem Wohnraum) erkennbar auch privaten Wohnzwecken dienen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können. Generell gilt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Das gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1 250 € begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

In die gleiche Richtung geht das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.3.2016 (Aktenzeichen VIII R 24/12). Im Urteilsfall übte die Stpfl. eine Tätigkeit als sog. Coach aus. Strittig waren die Kosten für einen Raum, der unstreitig auch für diese Tätigkeit genutzt wurde. Der als Arbeitszimmer der Stpfl. bezeichnete Raum war mit einem Schreibtisch, einem Flipchart, einem langen Tisch mit sechs Stühlen, einem Regal und einem Kachelofen mit umlaufender Bank ausgestattet. Das Finanzamt und diesem folgend das Finanzgericht kamen allerdings zu der Überzeugung, dass im vorliegenden Fall der Raum auch für private Zwecke nutzbar war und tatsächlich auch genutzt werden konnte.

Der Bundesfinanzhof stellt heraus, dass ein häusliches Arbeitszimmer im steuerlichen Sinne ein Raum ist, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Typischerweise ist ein solcher Raum mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist. Aufwendungen für Räume innerhalb des privaten Wohnbereichs des Stpfl., die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechen, können gleichwohl als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar sein, wenn sie betrieblich/beruflich genutzt werden und sich der betriebliche/berufliche Charakter des Raums und dessen Nutzung anhand objektiver Kriterien feststellen lassen. Stets muss aber eine nicht nur untergeordnete private Mitbenutzung des Raumes ausgeschlossen sein.

Handlungsempfehlung:
Im Einzelfall hängt viel von der Darstellung des Stpfl. ab. Im Urteilsfall erfolgte auch eine Ortsbesichtigung durch das Finanzamt.

 

5. Auch Zinsen für einen durchlaufenden Kredit sind bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen

 

Das Finanzgericht Hamburg hatte über den Fall zu entscheiden, in dem eine Gesellschaft ein Bankdarlehen aufnahm, dieses aber von vorneherein zur Finanzierung von Investitionen bei einer Tochtergesellschaft gedacht war. Dies war bereits im Kreditvertrag festgeschrieben worden. Die Gesellschaft reichte das Darlehen und einen zeitgleich von ihr aufgenommenen Betriebsmittelkredit unmittelbar an ihre Tochtergesellschaft weiter. Die Zinsen für das Darlehen und den Betriebsmittelkredit wurden von der Bank direkt gegenüber der Tochtergesellschaft geltend gemacht und dieser belastet. Die Gesellschaft wies in ihrer Bilanz das Darlehen und den Betriebsmittelkredit als „Ausleihungen an verbundene Unternehmen“ aus.

Die von der Bank unmittelbar der Tochtergesellschaft belasteten Zinsen für das Darlehen und den Betriebsmittelkredit wies die Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung als Zinsaufwand aus und stellte diesem einen entsprechenden Zinsertrag gegenüber. Im Ergebnis war dieser Vorgang also erfolgsneutral. Strittig war nun, ob der Zinsaufwand bei der Ermittlung der Gewerbesteuer als Hinzurechnung (zu 25 %, unter Abzug des Freibetrags i.H.v. 100 000 €) zu erfassen sei.

Dies hat das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 15.4.2016 (Aktenzeichen 3 K 145/15) bejaht. Nach dem Wortlaut fallen in den Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschrift sämtliche Entgelte für Schulden. Eine Ausnahme für durchlaufende Kredite gebe das Gesetz nicht her. Auch eine Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinserträgen im Zusammenhang mit durchgeleiteten Krediten komme nicht in Betracht.

Hinweis:

Im Ergebnis wurden die Zinsaufwendungen im Urteilsfall sowohl bei der Muttergesellschaft als auch bei deren Tochter bei der Gewerbesteuer hinzugerechnet. Gegen dieses Urteil ist nun beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen I R 39/16 die Revision anhängig, so dass die Rechtsfrage noch nicht endgültig geklärt ist. Es spricht aber vieles dafür, dass die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt wird. Daher sollten gerade in Unternehmensgruppen durchlaufende Kredite vermieden werden und Kredite vielmehr unmittelbar von dem Unternehmen aufgenommen werden, das die Finanzmittel einsetzt.

 

6. Europäischer Gerichtshof: Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung hinsichtlich des Vorsteuerabzugs

 

Das Niedersächsische Finanzgericht hatte dem Europäischen Gerichtshof einen fast alltäglichen Fall vorgelegt: Die Stpfl. gab für die Jahre 2008 bis 2011 an, einen Vorsteuerabzug aus den ihren Handelsvertretern erteilten Provisionsabrechnungen sowie aus den Rechnungen eines Werbegestalters vorgenommen zu haben. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass ein Vorsteuerabzug aus den Abrechnungen nicht möglich sei, da diese keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers enthielten. Noch während der Außenprüfung im Jahr 2013 wurden diese Dokumente um die Angabe der Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ergänzt. Das Finanzamt ließ den Vorsteuerabzug in den Streitjahren nicht zu, da die Voraussetzungen erst zum Zeitpunkt der Berichtigung der Rechnungen, d.h. vorliegend im Jahr 2013, vorlagen. Das Finanzgericht stellte im sich anschließenden Klageverfahren an den Europäischen Gerichtshof die Frage, ob die vorliegende Ergänzung der unvollständigen Rechnung zeitlich zurückwirke.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 15.9.2016 (Rechtssache C-518/14) zu Gunsten des Stpfl. entschieden. Grundsätzlich kann das Recht auf Vorsteuerabzug sofort ausgeübt werden. Das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Stpfl. bestimmten formellen Bedingungen nicht genügt hat. Der Besitz einer Rechnung, die die notwendigen Rechnungsangaben enthält, stellt eine formelle und keine materielle Bedingung für das Recht auf Vorsteuerabzug dar. Entscheidend ist vielmehr, dass die Finanzverwaltung über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorliegen.

Handlungsempfehlung:

Damit widerspricht der Europäische Gerichtshof der Handhabung der deutschen Finanzverwaltung. Abzuwarten bleibt, ob dieses Urteil nun zu einer anderen Beurteilung durch die Finanzverwaltung führen wird. Vergleichbare Fälle sollten jedenfalls verfahrensrechtlich offengehalten werden. Allerdings äußert sich der Europäische Gerichtshof nicht zu der ebenfalls vorgelegten Frage der Mindestanforderungen an eine Rechnung, die sodann mit Rückwirkung korrigiert werden könnte. Insoweit besteht also weiterhin Rechtsunsicherheit.

Dies verdeutlicht die Bedeutung der formalen Prüfung von Eingangsrechnungen. Enthalten diese nicht alle geforderten Rechnungsangaben, so sollte eine berichtigte Rechnung bzw. eine Rechnungsergänzung angefordert werden. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die formellen Mängel erst später auffallen. In diesem Fall sollte eine Rechnungsergänzung erfolgen. Abzuraten ist davon, die bisherige Rechnung zu stornieren und durch eine neue Rechnung zu ersetzen, da in diesem Fall eine Rückwirkung versagt werden könnte, weil es sich strenggenommen nicht um eine Korrektur, sondern um eine Neuausstellung der Rechnung handelt.

 

Alle Informationen wurden sorgfältig geprüft. Für die Vollständigkeit, Richtigkeit und letzte Aktualität kann dennoch keine Garantie übernommen werden.

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