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Steuernews 05/2016

SteuerBlick

Aktuelle Informationen aus dem Steuerrecht

Mai 2016

 

Inhaltsübersicht

1. Steuererklärungsfristen für 2015

2. Verschärfung bei Kriterien der strafrechtlichen Würdigung einer Steuerhinterziehung

3. Parkplatzüberlassung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer gegen (verbilligte) Kostenbeteiligung unterliegt der Umsatzsteuer

4. Gesetzliche Maßnahmen gegen Manipulationen bei Registrierkassen geplant

5. Rückwirkende Berichtigung umsatzsteuerlicher Rechnungen möglich?

6. Vorsteuerabzug bei Dauerschuldverhältnissen

7. Steuerneutrale Realteilung auch bei Fortführung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern

8. Verluste aus dem Verfall von Optionsscheinen können steuerlich geltend gemacht werden

 

 

1. Steuererklärungsfristen für 2015

Grundsätzlich sind die Einkommensteuererklärung und die betrieblichen Steuererklärungen, wie insbesondere die Umsatzsteuererklärung, die Körperschaftsteuererklärung, die Gewerbesteuererklärung und die Gewinnfeststellungserklärung für eine Personengesellschaft bzw. ein Einzelunternehmen für das Jahr 2015 bis zum 31.5.2016 abzugeben.

Hinweis:

Die betrieblichen Steuererklärungen und die Einkommensteuererklärungen, in denen auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit oder aus Land- und Forstwirtschaft erklärt werden, sind – wie bereits für die Vorjahre – zwingend in elektronischer Form an die Finanzverwaltung zu übermitteln.

Nach dem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 4.1.2016 wird, sofern die genannten Steuererklärungen durch einen steuerlichen Berater angefertigt werden, generell eine Fristverlängerung bis zum 31.12.2016 gewährt. Allerdings behalten es sich Finanzämter vor, insbesondere in folgenden Fällen die Steuererklärungen bereits früher anzufordern, wenn

»» für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden,

»» für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit von 15 Monaten für die Vollverzinsung von Steuernachzahlungen bzw. -erstattungen nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,

»» sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat,

»» hohe Abschlusszahlungen erwartet werden,

»» für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder »»die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass die für die Erstellung der Steuererklärung notwendigen Unterlagen bereits rechtzeitig zusammengetragen werden müssen. Nicht zuletzt dann, wenn mit Steuererstattungen zu rechnen ist, sollten die Erklärungen im eigenen Interesse möglichst frühzeitig vorbereitet werden.

 

2. Verschärfung bei Kriterien der strafrechtlichen Würdigung einer Steuerhinterziehung

 

Eine begangene Steuerhinterziehung kann auch erhebliche strafrechtliche Folgen, insbesondere auch Freiheitsstrafen nach sich ziehen, wie zuletzt prominente Beispiele gezeigt haben. Es gilt zu beachten, dass der Bundesgerichtshof jüngst seine Rechtsprechung hinsichtlich der Bemessung des Strafmaßes verschärft hat.

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Steuerhinterziehung begeht. In besonders schweren Fällen erhöht sich der Strafrahmen auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Wann eine Steuerhinterziehung großen Ausmaßes in diesem Sinn vorliegt, war lange Zeit unklar. Erstmals brachte die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2.12.2008 hierzu Klarheit: Danach wurde zwischen Wertgrenzen von 50 000 € und 100 000 € differenziert, je nach Begehungsform. Unterschieden wurde danach, ob dem Fiskus ein schon eingetretener Vermögensschaden entstanden ist, also „staatliches Vermögen“ gemindert wurde oder ob durch unvollständige Angaben in der Steuererklärung lediglich eine falsche Steuerfestsetzung erfolgte, woraus eine Gefährdung des Steueranspruchs resultierte.

Nun hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 27.10.2015 (Aktenzeichen 1 StR 373/15) diese Rechtsprechung in Teilen wieder aufgegeben und eine einheitliche Wertgrenze von 50 000 € statuiert. Ein großes Ausmaß der Steuerhinterziehungwird nunmehr bei jeder Steuerhinterziehung über 50 000 € indiziert. Der Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidung damit, dass eine Steuerverkürzung nach den Steuergesetzen lediglich eine fehlende, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig erfolgte Steuerfestsetzung voraussetzt. Eine Unterscheidung zwischen der Gefährdung des Steueranspruchs und dem tatsächlichen Eintritt des Vermögensschadens beim Staat sehe das Steuerrecht nicht vor.

Hinweis:

Auch wenn mit diesem Schwellenwert noch keine Aussage über das im konkreten Fall festzusetzende Strafmaß getroffen wird, so ist doch eine deutliche Verschärfung festzustellen. Diese Rechtsprechungsänderung hat auch Konsequenzen für die Strafverfolgungsverjährung und für die Selbstanzeige. Im konkreten Fall ist stets steuerlicher und rechtlicher Rat einzuholen.

 

3. Parkplatzüberlassung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer gegen (verbilligte) Kostenbeteiligung unterliegt der Umsatzsteuer

 

Die Finanzverwaltung hatte in 2009 mitgeteilt, dass die unentgeltliche Überlassung von Parkplätzen an Arbeitnehmer aus unternehmerischen Gründen, wovon bei der Überlassung von Parkplätzen auf dem Betriebsgelände auszugehen ist, keine der Umsatzsteuer zu unterwerfende Leistung darstellt. Der Bundesfinanzhof hat nun aber mit Urteil vom 14.1.2016 (Aktenzeichen V R 63/14) klargestellt, dass dies anders ist, wenn der Unternehmer seinen Mitarbeitern Parkraum nicht unentgeltlich, sondern verbilligt zur Verfügung stellt. Im Streitfall hatte der Arbeitgeber auf Grund der schlechten Parkplatzsituation im Umfeld des Betriebssitzes Parkplätze in einem Parkhaus angemietet. Er zahlte für jeden angemieteten Parkplatz monatlich 55 € und vermietete die Parkplätze entgeltlich an die Mitarbeiter weiter. Den Mitarbeitern wurden hierfür monatlich 27 € je Parkplatz berechnet und dieser Betrag wurde unmittelbar vom Gehalt der jeweiligen Mitarbeiter einbehalten. Diese Parkplatzüberlassung sei als sonstige Leistung an die Mitarbeiter der Umsatzsteuer zu unterwerfen, wobei sie sich nach dem von den Arbeitnehmern tatsächlich gezahlten Entgelt berechne. Eine nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfende Leistung im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers könne nur bei unentgeltlichen Leistungen vorliegen. Bei der vorliegend verbilligt erbrachten Parkplatzüberlassung handele es sich hingegen um eine entgeltliche Leistung.

Hinweis:

Die entgeltliche Leistungsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist also als ein der Umsatzsteuer zu unterwerfender Vorgang einzustufen. Unerheblich ist insofern, dass die Leistung des Arbeitgebers aus überwiegend unternehmerischem Interesse erfolgt. Da eine unentgeltliche Parkraumüberlassung nicht der Umsatzsteuer unterliegen würde, kommen im vorliegenden Fall der teilentgeltlichen Parkraumüberlassung die Vorschriften zur Mindestbemessungsgrundlage nicht zur Anwendung, d.h. der Besteuerung ist das tatsächlich von den Arbeitnehmern gezahlte Entgelt zu Grunde zu legen (vorliegend also 27 €) und nicht der übliche Endpreis (vorliegend 55 €). Lohnsteuerlich handelt es sich bei der Parkplatzüberlassung um eine im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse erbrachte Leistung. Die Leistungen sind daher steuer- und beitragsfrei. Dies gilt auch insoweit, als der Arbeitgeber Park- oder Einstellplätze von Dritten anmietet, um sie seinen Arbeitnehmern unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung zu stellen.

 

4. Gesetzliche Maßnahmen gegen Manipulationen bei Registrierkassen geplant

 

Offensichtlich werden in großem Umfang Aufzeichnungen von elektronischen Kassen durch spezielle Software manipuliert und damit ein erheblicher Steuerschaden verursacht. Dem soll nun mit einer gesetzlichen Maßnahme begegnet werden. Vorgelegt wurde der „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen sowie Entwurf einer Technischen Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“. Im Wesentlichen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

»» Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen künftig über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik soll die technischen Anforderungen an die technische Sicherheitseinrichtung bestimmen und zertifizieren. Die Verpflichtung zum Einsatz einer Registrierkasse besteht aber auch zukünftig nicht, d.h. wenn bislang keine Registrierkasse eingesetzt wurde, braucht dies auch zukünftig nicht zu geschehen. Wenn allerdings eine solche eingesetzt wird, muss diese den genannten technischen Anforderungen genügen.

»» Weiterhin soll eine „Kassen-Nachschau“ eingeführt werden. Diese kann unangekündigt erfolgen und stellt ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung dar.

»» Werden Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Nutzung der technischen Sicherheitseinrichtung festgestellt, sollen diese als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25 000 € geahndet werden, unabhängig davon, ob ein steuerlicher Schaden entstanden ist.

Hinweis:

Die genaue Umsetzung bleibt abzuwarten. Jedenfalls muss bei Einsatz von Registrierkassen zukünftig eine entsprechende Sicherheitseinrichtung eingesetzt werden. Insoweit wird sich dann die Notwendigkeit von technischen Anpassungen ergeben. Steht aktuell die Neuanschaffung einer Registrierkasse an, so sollte ein Aufschub geprüft werden, bis die neuen technischen Anforderungen bekannt sind.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass zum 31.12.2016 die Frist abläuft, bis zu der Registrierkassen, welche eine elektronische Speicherung der Einzelbuchungen nicht zulassen, ausgetauscht werden müssen. Die bis zum 31.12.2016 geltende Übergangsregelung hatte die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 26.10.2010 (Aktenzeichen IV A 4 – S 0316/08/10004-07, DOK 2010/0946087) bekannt gegeben. Hintergrund war, dass seit dem 1.1.2002 bei Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxametern und Wegstreckenzählern alle steuerlich relevanten Einzeldaten (Einzelaufzeichnungspflicht) einschließlich etwaiger mit dem Gerät elektronisch erzeugter Rechnungen unveränderbar und vollständig aufbewahrt werden müssen. Ist die komplette Speicherung aller steuerlich relevanter Daten – bei der Registrierkasse insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten – innerhalb des Geräts nicht möglich, müssen diese Daten unveränderbar und maschinell auswertbar auf einem externen Datenträger gespeichert werden. Soweit ein Gerät bauartbedingt diesen Anforderungen nicht oder nur teilweise genügt, wird es nicht beanstandet, wenn der Stpfl. dieses Gerät längstens bis zum 31.12.2016 in seinem Betrieb weiterhin einsetzt.

Hinweis:

Ggf. sollten beim Hersteller des Kassensystems Informationen und Nachweise über die Erfüllung dieser Pflichten eingeholt werden. Diese verschärften Anforderungen gelten insbesondere auch für Taxameter.

 

5. Rückwirkende Berichtigung umsatzsteuerlicher Rechnungen möglich?

 

In der Praxis taucht vielfach das Problem auf, dass sich im Nachhinein das Erfordernis der Berichtigung einer umsatzsteuerlichen Rechnung herausstellt, wenn in der ursprünglich gestellten Rechnung gesetzlich geforderte Angaben fehlen. Im Grundsatz ist eine Rechnungsberichtigung unter Mitwirkung des Rechnungsausstellers auch möglich. Allerdings ist die Finanzverwaltung in Deutschland insoweit der Auffassung, dass – so jedenfalls im Regelfall – der Rechnungsberichtigung im umsatzsteuerlichen Sinne keine Rückwirkung zukommt. Dies hat zur Folge, dass der ursprünglich geltend gemachte Vorsteuerabzug rückgängig gemacht wird und es insoweit zu einer Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Finanzamt kommt. Hieraus können sich erhebliche Nachteile aus der Verzinsung der Steuer nach § 233a AO ergeben. Der Vorsteuerabzug kann erst wieder in dem Voranmeldungszeitraum gewährt werden, in dem die berichtigte Rechnung vorliegt.

Nachzahlungszinsen werden in den Fällen der Rechnungsberichtigung von der Finanzverwaltung als Ausgleich dafür erhoben, dass der Stpfl. die Vorsteuer aus der nicht ordnungsgemäßen (Erst-)Rechnung zunächst erhalten hat. Das Niedersächsische Finanzgericht hat Zweifel, ob diese Praxis, den Vorsteuerabzug grds. erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung zuzulassen, mit dem Unionsrecht und v.a. mit der früheren EuGH-Entscheidung „Pannon Gèp“ vereinbar ist. Diese Frage wurde dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt. Im maßgeblichen Verfahren (Rechtssache C-518/14, Senatex GmbH) hat nun der Generalanwalt am EuGH mit Datum vom 17.2.2016 die Schlussanträge vorgelegt. Nach Auffassung des Generalanwalts verstößt die deutsche Regelung bzw. Praxis, wonach der Berichtigung einer Rechnung keine Wirkung für die Vergangenheit zukommen soll, gegen Europarecht. Abzuwarten bleibt nun die Entscheidung des EuGH.

Hinweis:

Vorläufig kann Unternehmern, deren Eingangsrechnungen formell nicht ordnungsgemäß sind (z.B. fehlende Steuer-/ Umsatzsteuer-Identifikations-Nr. des Leistenden, fehlende Rechnungs-Nr., fehlendes Leistungsdatum), geraten werden, möglichst zeitnah und noch im Verwaltungsverfahren berichtigte Rechnungen vom Rechnungsaussteller anzufordern und dem Finanzamt vorzulegen. Im Zweifel sollten Zinsfestsetzungen der Finanzverwaltung in Anbetracht der Vorlagefrage beim EuGH verfahrensrechtlich offengehalten werden.

6. Vorsteuerabzug bei Dauerschuldverhältnissen

 

Der Bundesfinanzhof hat in dem Beschluss vom 3.2.2016 (Aktenzeichen V B 35/15) nochmals die Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs aus einem Dauerschuldverhältnis festgehalten. Erforderlich sei ein ausdrücklicher Ausweis der Umsatzsteuer als konkreter Steuerbetrag im Dauerleistungsvertrag (z.B. Mietvertrag). Nicht ausreichend sei dagegen eine Formulierung, nach der neben dem Netto-Entgelt die „jeweils gültige gesetzliche Umsatzsteuer“ geschuldet wird. Wird in dem Vertrag über das Dauerschuldverhältnis der monatliche Entgeltbetrag unter Angabe eines Umsatzsteuerbetrags vereinbart, sei weiterhin erforderlich, dass ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich eine Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt. Nur dann würden Vertrag und Zahlungsbeleg der Funktion einer Rechnung gerecht. Insoweit reichten z.B. Kontoauszüge, wenn im Buchungstext ausdrücklich diese Angaben gemacht werden.

Handlungsempfehlung:

Auf diese formalen Anforderungen sollte dringend geachtet werden, da ansonsten der Vorsteuerabzug aus formalen Gründen versagt wird.

 

7. Steuerneutrale Realteilung auch bei Fortführung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern

 

Insbesondere bei Zusammenschlüssen von Freiberuflern in einer Sozietät kommt es in der Praxis häufig vor, dass ein Auseinandergehen der einzelnen Partner unter Mitnahme und Weiterführung von Teilpraxen erforderlich ist. Dieser Vorgang wird als Realteilung bezeichnet. Unter bestimmten Voraussetzungen ist dies steuerlich zu Buchwerten, also ohne Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven wie dem Praxiswert möglich.

Der Bundesfinanzhof hat nun in dem Urteil vom 17.9.2015 (Aktenzeichen III R 49/13) wichtige Aussagen getroffen, die in der Praxis eine steuerneutrale Realteilung vielfach erleichtern. Der Streitfall betraf das Ausscheiden einer Gesellschafterin aus einer freiberuflichen Beratungs-Sozietät, die als Abfindung eine selbständige Teilpraxis erhielt und eine für gut zehn Jahre zu zahlende Monatsrente. Die Beratungs-Sozietät wurde von den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt.

Der Bundesfinanzhof hebt zunächst hervor, dass eine steuerneutrale Realteilung auch dann vorliegen kann, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und die Mitunternehmerschaft von den verbliebenen Mitunternehmern fortgesetzt wird. Bislang forderte die Rechtsprechung, dass die bisherige Gesellschaft in Form von Teilbetrieben von den einzelnen Gesellschaftern fortgeführt wird, also die bisherige Gesellschaft an sich nicht weiterbesteht. Dies sieht das Gericht nun anders. Der Begriff der „Realteilung“ schließe vielmehr das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft unter Mitnahme eines – weiterhin zum Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen gehörenden – Teilbetriebs ein.

Wird allerdings – wie im Streitfall – dem ausscheidenden Mitunternehmer daneben eine Rente zugesagt, die aus künftigen Erträgen der fortbestehenden Sozietät oder dem Vermögen der Gesellschafter zu leisten ist und sich nicht als betriebliche Versorgungsrente darstellte, so erfüllt dies einen Veräußerungstatbestand. Als Veräußerungsgewinn ist der Kapitalwert der Rente zuzüglich der Buchwerte des übernommenen Teilbetriebs (Veräußerungspreis) abzüglich etwaiger Veräußerungskosten und des Werts des Kapitalkontos anzusetzen. Zwecks Ermittlung des Veräußerungsgewinns müsse zwingend ein Wechsel zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich vorgenommen werden, wenn der Gewinn der Mitunternehmerschaft zuvor durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt wurde. Eine Versteuerung habe im Zeitpunkt des Ausscheidens zu erfolgen, unabhängig davon, ob dem ausscheidenden Mitunternehmer ein Besteuerungswahlrecht hinsichtlich der Rente zusteht und wie dieses ausgeübt wird.

Hinweis:

Mit dieser Änderung der Rechtsprechung wird das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Freiberufler-Sozietät unter Fortführung einer Teilpraxis deutlich erleichtert. Es ist allerdings in diesen Fällen stets steuerlicher Rat einzuholen, um die für den jeweiligen Fall günstigste Gestaltung zu finden und umsetzen zu können.

 

8. Verluste aus dem Verfall von Optionsscheinen können steuerlich geltend gemacht werden

 

Der Bundesfinanzhof hat nun in drei Entscheidungen vom 12.1.2016 (Aktenzeichen IX R 48/14, IX R 49/14 und IX R 50/14) entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung entschieden, dass Verluste aus dem Verfall von Optionsscheinen steuerlich bei den Kapitaleinkünften geltend gemacht werden können. Den Urteilen lagen folgende Sachverhalte zu Grunde:

»» Im Urteilsfall IX R 48/14 erwarb der Stpfl. am 26.4.2010 sechs Kaufoptionen (Calls) für den Erwerb von Aktien der X-AG zum Preis von insgesamt 1 742,86 €. Statt des erwarteten Kursanstiegs kam es aber zu einem starken Kursrückgang der Aktie und damit zu einem Wertverlust der Kaufoptionen. Die Stpfl. versuchten, die Kaufoptionen bestens zu veräußern, fanden aber keinen Käufer. Auf Grund des starken Kursverfalls wurden die Optionen wertlos. Die Stpfl. ließen die Optionen deshalb bei Fälligkeit verfallen.

»» Im Urteilsfall IX R 49/14 erwarb der Stpfl. im Streitjahr 2010 Indexoptionen auf den Deutschen Aktien Index (DAX) zum Preis von insgesamt 106 213 €. Die Laufzeit der Optionen endete am 15.12.2010. Da sich der DAX nicht so entwickelte, wie vom Stpfl. erwartet, hätte sich bei Ausübung der Optionen kein positiver, sondern ein negativer Differenzbetrag für den Stpfl. ergeben. Deshalb ließ der Stpfl. die Optionsscheine bei Fälligkeit verfallen. Die Optionsscheine wurden zum Abrechnungsbetrag von 1 € aus dem Depot des Stpfl. ersatzlos ausgebucht.

»» Im Urteilsfall IX R 50/14 erwarb der Stpfl. im Streitjahr 2011 Optionsscheine für insgesamt 37 712 € (Basispreise). Der Stpfl. ließ die Optionen bei Fälligkeit verfallen; sie wurden am 21.12.2011 als wertlos aus seinem Depot ausgebucht. Ihm wurden zusätzlich insgesamt 60 € an Gebühren in Rechnung gestellt.

Entscheidend für den Bundesfinanzhof ist, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Abgeltungsteuer umfassend nicht nur laufende Erträge aus Kapitalvermögen, sondern auch Veräußerungsgewinne steuerlich erfassen wollte und zwar unabhängig von der Haltedauer der Anlagen. Dies gelte ebenso für Veräußerungsgewinne aus Termingeschäften, zu denen auch Optionsgeschäfte zählen. Die gesetzliche Regelung gebiete es, das Termingeschäft in seinem zeitlichen Ablauf als Einheit zu betrachten, also vom Abschluss des Geschäfts bis zu dessen Beendigung durch Erfüllung, Glattstellung oder auch Verfallenlassen. Aus diesem Grund seien auch Wertverluste, die dem Anleger durch das Wertloswerden von Optionen entstehen, steuerlich zu berücksichtigen. Insoweit liegen in den vorliegenden Fällen negative Einkünfte aus Kapitalvermögen vor.

Hinweis:

Damit hat der Bundesfinanzhof diese für die Praxis wichtige Frage für das neue Recht, also unter Geltung der Abgeltungsteuer entschieden. In der Praxis sollten ggf. auch noch für verfahrensrechtlich offene Jahre Verluste aus dem Verfall von Optionen geltend gemacht werden. Im Zweifelsfall muss der Stpfl. eigene Ermittlungen anstellen bzw. Aufzeichnungen führen, da diese Verluste in den Steuerbescheinigungen der Banken nicht enthalten sein dürften.

 

Alle Informationen wurden sorgfältig geprüft. Für die Vollständigkeit, Richtigkeit und letzte Aktualität kann dennoch keine Garantie übernommen werden.
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